«Wir rechnen mit deutlich steigenden Leitzinsen bis Ende Jahr»

Marktausblick der Nidwaldner Kantonalbank

Teuerungsdruck lässt teilweise nach

Der Rückgang der Öl-, Benzin- und Rohwarenpreise hat zu einer gewissen Entspannung an der Inflationsfront geführt. Zudem gibt es Lichtblicke bei den Lieferengpässen, und auch der Kosten- und Preisdruck lässt gemäss Umfrageergebnissen in verschiedenen Branchen etwas nach. Die prominente Ausnahme bildet allerdings Europa: Hier hat der ungebremste Anstieg der Gas- und Elektrizitätspreise für einen weiteren Inflationsschub gesorgt. Allein im August sind die europäischen Gaspreise nochmals um mehr als 30 % angestiegen. Aufgrund der verzögerten Weitergabe der Preiserhöhungen an die Endverbraucher wird die Teuerung in Grossbritannien und in der Eurozone in den nächsten Monaten weiter ansteigen.

Notenbanken halten Kurs

Die hohen Inflationsraten lassen das Erreichen der Inflationsziele der Notenbanken von 2 % in weite Ferne rücken. Wir sind der Meinung, dass die Teuerung auch Ende 2023 in den meisten Industrie- und Schwellenländer noch immer oberhalb der Zielgrenze liegen wird. Die Hoffnung auf ein rasches
Ende der restriktiven Geldpolitik, die in den letzten Wochen massgeblich zur Erholung an den Finanzmärkten beigetragen hat, dürfte sich deshalb als unhaltbar entpuppen. Die Notenbanken wollen erst eine substanzielle Verbesserung an der Preisfront sehen, bevor sie einen Kurswechsel ins Auge fassen. Da reicht es nicht aus, wenn fallende Energiepreise die Gesamtinflationsrate von einem sehr hohen Niveau aus leicht zurückgleiten lassen. Wir rechnen deshalb mit nochmals deutlich steigenden Leitzinsen bis Ende Jahr.

Zinspause wahrscheinlich, rasche Senkung nicht

Die grosse Frage ist, ob weiter steigende Leitzinsen reichen, um die Inflation nachhaltig einzudämmen. Unangenehm wäre es, wenn die Notenbanken zum Schluss kämen, dass die Rückkehr zum Inflationsziel nur durch einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosenrate möglich ist. Die Überlegungen der Notenbanken zielen bislang aber nicht in diese Richtung. So gibt es bei der
US-Notenbank, die eine Führungsrolle einnimmt, auch besorgte Stimmen, die vor einer zu restriktiven Geldpolitik warnen. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass die Notenbanken bei einer Stagnation oder rezessiven Entwicklung der Wirtschaft und einem Rückgang der Inflation zumindest eine Zinserhöhungspause einschalten werden. Mit ersten Zinssenkungen ist dagegen frühestens
gegen Ende 2023 zu rechnen.

Wachstumsaussichten trüben sich weiter ein

Die wirtschaftlichen Perspektiven haben sich in den letzten Wochen weiter eingetrübt. So weisen wichtige Wirtschaftsindikatoren mittlerweile deutlich nach unten, wie etwa die Einkaufsmanagerindizes, die den Unternehmen den Puls fühlen. Sowohl die Industrie als auch der Dienstleistungssektor hat im Juli einen markanten Wachstumsrückgang verzeichnet. Erste provisorische Resultate für den August lassen auf einen weiteren deutlichen Aktivitätsverlust
schliessen. Die Lage an den Finanzmärkten bleibt somit bis auf Weiteres schwierig. Eine nachhaltige Erholung an den Aktienmärkten ist unseres Erachtens noch nicht in Sicht. Es braucht weiterhin Geduld. 

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